Beat der Metropolen

Was die Mitarbeiter des Goethe-Instituts, unzählige Kritiker und Veranstalter in aller Welt zu einem eindeutigen Urteil bewegte, wurde nun auch vom Publikum in Moers bestätigt: "The Blech" hat den richtigen Beat. Dieser manifestierte sich beim Konzert oft so metallisch und erbarmungslos hart, daß man sich in einem lärmenden Walzerk glauben konnte. Andere Songs hatten eine unsagbare Milde und setzten den Collagen das andere Extrem als Kontrast gegenüber. Die Stile wurden durch den Fleischwolf gedreht. Nicht um sie schamlos zu zerfetzen, sondern zum Zwecke einer Regeneration - Fragmente ergänzten sich zum homogenen Ganzen.

Eine coole Barmusik etwa, mit gestopfter Trompete, hätte aus einem futuristischen New Orleans stammen können. Wird man im 21. Jahrhundert so Louis Armstrong interpretieren? Wurden orientalische Motive westlich verrockt, sah man im Geiste eine Beduinen-Karawane durch die Wüste ziehen.

Dank der bizarren Arrangements stellte man sich diese allerdings auf Motorräder und nicht auf Kamelen vor. In monotonen Folgen wütete schließlich die ungeordnete Energie des frühen Punkrocks und machte die Verwirrung perfekt: Wer dies alles sinnvoll unter einen Hut bekommt, hat seine Hausaufgaben gemacht. Der Blech´sche Metropolen-Beat funktioniert nach seinen eigenen Regeln.

Kurt Weill und Hanns Eisler mußten die Köpfe herhalten, hie und da waren Chanson-Tupfer gut zitiert. Die "Dissidenten", "Blech"-Freunde, klangen an und die New-York-Noise-Szene hat ihre Spuren à la Fred Frith, Arto Lindsay oder David Moss hinterlassen. Eine subtile Klangforschung erinnerte an "Cassiber" und die Dada-Parallelen ("The Blech" arbeitete mit Hugo-Ball-Texten) riefen noch einmal das eindrucksvolle Konzert der DDR-Band "Merz Jazz" vom letzten Moers-Festival in Erinnerung. Das Trio spielte sein Spiel mit den Traditionen ohne Rücksicht auf Verluste. Klischees wurden ironisiert, Gängiges wurde minuziös zerpflückt. Es gab solides, bei Schlagzeug und Gesang gar erstaunlich perfektes Handwerk im rein musikalischen Bereich.

"The Blech", das ist die Lust auf Unorthodoxes, das ausgelassene Vergnügen am Experiment und die Ablehnung dessen, was mit einiger Sicherheit in eine künstlerische Sackgasse hineinsteuert. Dominant blieb dabei vom ersten bis zum letzten Takt der Respekt vor der musikalischen Ästhitik.

U. Puuen

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